Kautionen für Flüchtlinge

AsylwerberInnen bekommen während des Asylverfahrens in der Regel eine Unterkunft von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt. Sobald ihr Verfahren rechtskräftig positiv entschieden wurde, müssen sie diese allerdings innerhalb von fünf Monaten verlassen und sich selbst eine private Unterkunft suchen. Die Situation am Wohnungsmarkt hat sich in letzter Zeit drastisch verschärft. Flüchtlinge sind hier ganz besonders benachteiligt, da sie oftmals mit sprachlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, weniger vernetzt sind und außerdem vielfach mit Vorurteilen konfrontiert sind. Darüber hinaus ist die finanzielle Situation vieler Flüchtlinge äußerst prekär. In vielen Fällen haben sie ihre letzten Ersparnisse für die Flucht nach Europa ausgegeben, weshalb die Wohnungseinstandskosten und insbesondere die Kaution ein beinahe unüberwindbares Hindernis bei der Wohnungssuche darstellt. Ist der Aufenthalt erst einmal gesichert, folgt somit oftmals eine Phase der Unsicherheit bezüglich der Wohnsituation, die insbesondere für Familien äußerst belastend ist. Hier ist die erste Anlaufstelle in der Steiermark die die Mobile Integrationsberatung der Caritas, welche den Kautionsfonds verwaltet. Hier wird nicht nur aktiv bei der Wohnungssuche geholfen, sondern werden auch zinsfreie Kautionsdarlehen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte vergeben, sofern diese das Quartier verlassen müssen. Diese Mittel aus dem Kautionsfonds müssen in monatlichen Raten zurückbezahlt werden, womit wieder neue Darlehen vergeben werden können. Langfristig speist sich der Kautionsfonds somit selbst und die Nachhaltigkeit des Projekts wird gesichert. Die Rückzahlungsquote liegt derzeit bei nahezu 100%. Parallel zu diesem Angebot unterstützen wir dabei, auch weitere Integrationsschritte zu setzen. Seit vielen Jahren hilft die Caritas im Rahmen der Mobilen Integrationsberatung bei individuellen Problemstellungen wie beispielsweise der Arbeits- und Ausbildungssuche oder bei Behördenkontakten. Außerdem bieten wir verschiedenste Workshops (Thema Wohnen, Männer- und Frauenrunden etc.) und Integrations- und Lernpatenschaften. Dieses Gesamtpaket an Angeboten ist es, was uns erlaubt, immer mehr „Erfolgsgeschichten gelungener Integration“ zu begleiten. Die Wohnungssicherung ist hierfür unabdingliche Basis!

Die Mittel des Kautionsfonds kommen zu 100% direkt den Flüchtlingen in Form von zinsfreien Kautionsdarlehen zu Gute!

Das Motto all unserer Angebote ist stets die Hilfe zur Selbsthilfe. Eigenständigkeit und Verantwortungsbewusstsein sollen gewahrt und gestärkt werden.

Die Bedingung der Rückzahlung in kleinen Raten kommt auch sehr gut bei der Zielgruppe an – sie fühlen sich nicht als Bittsteller, sondern übernehmen für ihre Ziele Verantwortung und planen ihre finanzielle Zukunft. Die Bedingung für die Vergabe ist die Einrichtung eines Dauerauftrags und die Vorlage eines gültigen Mietvertrages. Die Kaution wird direkt an den Vermieter ausbezahlt.

Erfolgsgeschichte des letzten Jahres

Eine von vielen Geschichten soll hier exemplarisch für die Problematik der Wohnraumschaffung und die Lösungssuche angeführt werden:

Frau S. aus Afghanistan ist Witwe und hat in Österreich mit ihren zwei Kindern um Asyl angesucht. Nach der Überprüfung ihrer Fluchtgeschichte wird der Familie Asyl in Österreich zuerkannt. Frau S. macht sich große Sorgen, weil sie aus dem Flüchtlingsheim ausziehen muss und ihre siebenjährige Tochter sehr krank ist. Sie braucht sehr viel Betreuung und Frau S. sucht um Hilfe für die Wohnungssuche bei der Caritas an, da sie außerdem nur wenig Deutsch spricht. Das Team der Mobilen Integrationsberatung findet eine passende Wohnung für die Familie S. Frau S. kann die laufenden Mietkosten für die Wohnung tragen. Die hohen Kosten für den Wohnungseinstieg und die Kaution übersteigen aber bei Weitem die Ersparnisse der Familie. Wir konnten die Familie mit €1500 aus dem Kautionsrevolvingfonds unterstützen, die direkt an den Vermieter überwiesen wurden. Seither zahlt sie dieses Darlehen in monatlichen, ihr zumutbaren Raten zurück.

Auf diese Weise haben wir nun schon vielen Menschen geholfen und würden uns wünschen, dass diese Hilfe so aufrecht erhalten werden kann. Angesichts der aktuellen Zahlen – 8000 Menschen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak haben in der Steiermark um Asyl angesucht und die Anerkennungsquote aus diesen Ländern ist relativ hoch – braucht der Kautionsfonds eine enorme Aufstockung, um auch im Jahr 2017 weiterhin Familien behilflich sein zu können.

Die Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft als Mitmenschen auf Augenhöhe ist wichtige Basis für eine friedvolle Zukunft. Ein Dach über dem Kopf bzw. die Deckung der Grundbedürfnisse ist wichtige Voraussetzung, um sich mit Bereichen wie Spracherwerb, Ausbildung, Berufsleben und soziale Kontakte auseinandersetzen zu können. Der zinsfreie Kredit ermöglicht es den Flüchtlingen, den Start in ein unabhängiges Leben ohne große Existenzängste starten zu können. Von den minimalen Beträgen, die während der Grundversorgung zur Deckung der Lebenserhaltungskosten ausbezahlt werden, kann unmöglich etwas angespart werden, und so können die Anfangskosten von erster Miete, Vergebührung, Einrichtung und Kaution erst einmal überwältigend sein. De facto sind die Einstiegskosten für unsere Zielgruppe nicht aufzutreiben, weshalb der Kautionsfonds eine dringend notwendige Hilfeleistung darstellt.

Die vom Kautionsfonds profitierenden Personen übernehmen auch Verantwortung für Personen, die zukünftig Hilfe bei der Kaution brauchen – sie zahlen die erhaltene Unterstützung in monatlichen, zumutbaren Raten zurück und tragen so zur Nachhaltigkeit des Projekts bei.

Mit den Geldern aus dem Crowdfundingprojekt „Kautionen für Flüchtlinge“ konnten 9 Familien bzw. Einzelpersonen (22 Personen gesamt) beim ersten Privatverzug durch Kautionszuzahlungen unterstützt werden. Die Personen bzw. Familie kommen aus Somalia, Syrien und Afghanistan. 4 Einzelpersonen und 5 Familien konnten von den Spenden profitieren.

Wir wollen hier ein Beispiel teilen:

Die Brüder M. kommen aus Afghanistan und sind im Jahr 2014 als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in die Steiermark gekommen. Sie haben mit Beginn dieses Jahres subsidiären Schutz erhalten. Einer der Brüder konnte sofort eine Arbeit in der Gastronomie finden. Die zwei Brüder mussten nach Volljährigkeit, Einkommen und Statuserhalt aus dem Flüchtlingsheim verziehen. Wegen Startschwierigkeiten im Privatverzug wurden sie zwischenzeitlich in einer Übergangswohnung vom Jugendamt untergebracht, die jedoch zeitlich beschränkt war. Durch unser Kautionsdarlehen wurde den beiden engagierten Brüdern der Privatverzug in Graz ermöglicht. Sie können sich nun erleichtert und mit einer Sorge weniger ihren weiteren Integrationsschritten widmen.

Es freut uns als Projekt-Mitarbeitende sehr, dass unsere Initiative „Kautionen für Flüchtlinge“ als „Ort des Respekts“ 2016 des Landes Steiermark ausgezeichnet wurde und wir somit Landessieger wurden. Vom Sponsor des Preisgeldes war zu hören, dass es sehr begrüßt werde, dass keine Almosen verteilt werden, sondern Verantwortung gefördert und gefördert werde.

Im Zuge dieser Auszeichnung wurde die Initiative auf Ö1 und in Steiermark heute vorgestellt.

Frau O . ist bereits Anfang 2013 mit ihrer ältesten Tochter nach Österreich gekommen. Im Mai 2016 haben sie und ihre mittlerweile zwei Kinder nun endlich die erhoffte Aufenthaltsberechtigung erhalten. Doch die Freude darüber wich schnell. Die alleinerziehende Mutter machte sich große Sorgen um ihre Zukunft und insbesondere ihre Wohnsituation, da die Familie innerhalb nur weniger Tage aus dem Quartier ausziehen musste und keinerlei Erspartes hatte. In den letzten Jahren haben sie nur Taschengeld erhalten, das kaum zum Leben reichte. Arbeiten durfte Frau O. nicht. Sie bat daher die Caritas um Hilfe. Innerhalb von nur zwei Tagen hat sie eine Wohnung durch Unterstützung der Caritas Wohnraumvermittlung gefunden. Die Caritas hat auch die gesamte Kaution übernommen, die Frau O. nun in monatlichen Raten zurückzahlen wird. Sichtlich erleichtert bedankte sie sich schließlich mit den Worten: „Nun kann ich endlich mein neues Leben beginnen und selbstständig leben.“

*450 €  von Respekt.Net finanziert